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Pirna, Haus Montag & Klub 451

Pirna, Haus Montag & Klub 451

Adresse: Hauptstraße 26, 01796 Pirna
Struktur: NPD, unorganisierte Naziszene
Nutzung: Treffen, Kneipe, Fitnessraum, Vorträge

Seit Oktober 2013 ist die Naziszene rund um die ehemaligen Kader der „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS) Thomas Sattelberg und Thomas Rackow im Besitz einer Immobilie im Pirnaer Stadtteil Copitz. Der rote Flachbau in der Hauptstraße 26 wurde vom norwegischen Nazi Eirik Ragnar Solheim erworben und steht den regionalen Strukturen rund um die NPD zur Verfügung. Bis zum Herbst 2014 betrieb der NPD-Landtagsabgeordnete Johannes Müller sein Wahlkreisbüro in dem Objekt. Neben einer kleinen Bibliothek und einem Fitnessraum bietet das Objekt vor allem einen Rückzugsort und ist Drehkreuz angereister Nazis bei Demonstrationen, wie dem Naziaufmarsch rund um den 13. Februar in Dresden. Zuletzt traf sich am 14. Februar 2021 eine größere Gruppe Nazis direkt nach der Demonstration in Dresden im „Haus Montag“ und löste damit  einen Polizeieinsatz aus. Das Treffen wurde wegen des Verstoßes gegen Coronaschutzmaßnahmen aufgelöst.

Thomas Sattelberg

Das so genannte „Haus Montag“ spielt mit der Nähe zur Casa Pound-Bewegung in Italien. Die faschistische Bewegung besetzte in römischen Vierteln mit hohem Migrationsanteil leerstehende Häuser und betrieb einen „Kulturkampf von rechts“. Die Nähe zwischen „Haus Montag“ und Casa Pound ist vor allem eine ideele. So ist sowohl Pirna als auch die Sächsische Schweiz weder für einen hohen Anteil von Migrant:innen bekannt, noch müsste man in der Region, in der NPD und später AfD zweistellige Wahlergebnisse holten, einen Kulturkampf anzetteln. Die Region steht seit Jahrzehnten wegen ihrer rechten Hegemonie im Fokus. Nicht zuletzt durch die beiden Naziaktivisten Sattelberg und Rackow, die schon in den 90er Jahren mit der SSS in der Region aktiv waren. Die Kameradschaft wurde 2001 verboten, beide zwei Jahre später wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, und noch einmal drei Jahre später wegen der Fortführung dieser zu Haftstrafen verurteilt.

Während das Objekt 2014 für eine Reihe NPD-Veranstaltungen zum Wahlkampf genutzt wurde, ebbte die öffentlich wahrnehmbare Aktivität nach dem Scheitern des Wiedereinzuges der NPD in den Sächsischen Landtag deutlich ab. Dies könnte auch im Zusammenhang mit baurechtlichen Einschränkungen durch die Stadtverwaltung Pirna stehen. Deshalb mussten bereits für Veranstaltungen kurzfristig Ausweichorte gefunden werden.

Thomas Rackow und Olena Semenyaka

Seit 2018 engagieren sich sowohl Sattelberg als auch Rackow im Projekt „Kraftquell“, eine Organisation in Anlehnung an das „Kraft durch Freude“ Konzept. Dabei soll Kämpfern des ukrainischen Asov-Regiments Urlaub bei befreundeten Aktivist:innen ermöglicht werden. Im Februar 2019 fand einen Tag nach dem Nazitrauermarsch in Dresden ein Vortrag zum Thema „Die Asov-Bewegung im ukrainischen Wahljahr“ statt. Dazu war die ukrainische Aktivistin Olena Semenyaka als Rednerin angekündigt.

Im Juli 2021 fand ein Treffen des Vereins „Europa Terra Nostra“ im Haus Montag statt. Der stiftungsähnliche Verein hat seinen Sitz von Schweden nach Pirna verlegt. Mit der Organisation werden rechte Bildungsreisen und Vernetzungen der internationalen Naziszene ermöglicht. Generalsekretär ist der langjährige NPD-Kader Jens Pühse.

Unter dem Namen „Kryptonit“ betreibt Thomas Rackow einen Webshop für Klamotten und Kleinkram unter der Anschrift des „Haus Montag“. So werden „T-Hemden“ mit gekreuzten Harken und der Aufschrift „Harkenkreuz Division“ oder mit Slogans wie „Soldat einer Idee“ vertrieben wie auch Klamotten mit Bezug zum „Haus Montag“.

In direkter Nachbarschaft betreiben Sattelberg und Tommy Wego den „Klub 451“. Der Name geht auf den dystopischen Roman „Fahrenheit 451“ zurück. In den Räumlichkeiten gibt es einen kneipenähnlichen Raum und es wird regelmäßig zu Stammtischen geladen. 2018 wurde in den Räumen der fünfte Geburtstag des „Haus Montag“ gefeiert.

Auch wenn die regionale Naziszene mit der großspurigen Ankündigung, ein Projekt im Stile der Casa Pound-Bewegung aus der Taufe zu heben, scheiterte, ist das „Haus Montag“ ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt der Szene vor Ort und darüber hinaus dient es der internationalen Vernetzung mit nazistischen Strukturen wie dem Asov-Regiment in der Ukraine.