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Leipzig, Neonazi-Hausprojekt mit vielfältiger Nutzung

Leipzig, Neonazi-Hausprojekt mit vielfältiger Nutzung

Adresse: Kamenzer Straße 12, Leipzig
Strukturen: Kameradschafts- und Musikszene, „Rowdys Eastside“, „Imperium Fighting Team“
Nutzung: Konzerte, Proberaum, Partylocation „LoKa-12“, Trainingsraum und „Sin City Boxgym“, Gewerbevermietung

Seit dem Jahr 2007 wird das zweistöckige Industriegebäude in der Kamenzer Straße 12 von Neonazis genutzt – für Konzerte, Partys und Kampfsport, als Wohn- und Gewerberaum, meist ungestört. Damit ist es das am längsten bestehende Objekt der rechten Szene in Leipzig.

Diese Kontinuität wird von einem privaten Gönner ermöglicht. Ludwig Kiefer erwarb die Immobilie, die von 1944 bis 1945 als Zwangsarbeitslager der „HASAG Leipzig“ und Außenlager des KZ Buchenwald fungierte, im Jahr 2007. Dem 1976 geborenen Kiefer werden Verbindungen ins Rocker- und Neonazi-Milieu nachgesagt, sein Name findet sich etwa in der Kundendatenbank der Nazimarke „Thor Steinar“. In den 2010er Jahren betätigte Ludwig Kiefer sich als Bauunternehmer, mittlerweile bezeichnet er sich als Privatier – also als jemand, der keiner Erwerbsarbeit nachgehen muss. Gleichzeitig änderte er seinen Namen in Ludwig Prinz von Preußen. Glaubt man der Boulevardpresse, lässt sich das Adelshaus die dazu nötige Adoption eine Million Euro kosten.

Mindestens zwischen 2007 und 2015 wurden Konzerte in dem Objekt veranstaltet, darunter etwa ein Konzert der Leipziger Neonazi-Bands „Thematik 25“ und „Volksnah“ am 11. Juli 2015. Seit wenigen Jahren finden in einem Kellerraum zudem Electro-Partys und Afterhours statt, die sich auch an unpolitische Musikliebhaber:innen richten. Dieser Raum nennt sich „LoKa-12“, Betreiber Matthias Seidel trägt ein Hakenkreuz-Tattoo auf der Brust. In einem anderen Teil des Kellers trainierte von 2017 bis 2020 der von Benjamin Brinsa geleitete Nazi-Kampfsportclub „Imperium Fighting Team“. Auch der rechte Motorradclub „Rowdys Eastside“ nutzt Räume in der Kamenzer Straße 12. In einem Raum, der mutmaßlich zu den „Rowdys Eastside“ gehört, hing während einer Party eine Hakenkreuz-Fahne an der Wand. Im ersten Obergeschoss des Gebäudes befindet sich der Proberaum der Naziband „Thematik 25“, auch dort hängt eine Hakenkreuz-Flagge. In der selben Etage betreibt Maik Kurzweil seit April 2021 sein „Sin City Boxgym“. Kurzweil will seinen Boxclub nicht als „Naziboxclub“ bezeichnet sehen, trägt privat jedoch ein „HKN KRZ“-Shirt („Hakenkreuz“) und war jahrelang Chef-Türsteher der Leipziger „Metropolis Tabledance Lounge“. Nicht zuletzt fielen in der Kamenzer Straße im Jahr 2019 auch Mitglieder der rockerähnlichen Gruppierung „United Tribuns“ auf.

Zum Areal gehört auch das Gebäude Kamenzer Straße 10, ein mehrstöckiger Plattenbau. Er wird zur gewerblichen Nutzung vermietet, etwa an unauffällige Gastronomieunternehmen und ein Tonstudio. Um die Vermietung kümmert sich Nadja Michel mit ihrem Gewerbe „Mina Immo“. Es ist allerdings davon auszugehen, dass auch dieses Gebäude Ludwig Kiefer gehört.

Antifaschistische Strukturen machen seit Jahren auf die Nazi-Immobilie aufmerksam. Im Leipziger Stadtrat war die Kamenzer Straße 10/12 in den vergangenen Jahren auf Initiative der Linksfraktion mehrfach ein Thema. Dadurch wurde im Jahr 2018 bekannt, dass für eine Nutzung zu Veranstaltungszwecken keine Genehmigung vorliegt. Zudem sei im Jahr 2013 die Nutzung der Kamenzer Straße 12 in Folge eines „Brandes/Chemikalienunfalls“ untersagt worden – ob sich dies mittlerweile geändert hat, ist unklar. Zuvor hatte die sächsische Polizei am 13. Januar 2018 ein geplantes Neonazikonzert mit vier Bands in der Kamenzer Straße 10/12 verhindert.