Zum Inhalt springen

Dresden, Ein-Prozent-Objekt

Dresden, Kurt-Beyer-Straße 2

Adresse: Kurt-Beyer-Straße 2, 01237 Dresden
Struktur: „Ein Prozent e.V.“, AfD, „Identitäre“
Nutzung: Vereinsarbeit, Schulungen

In einem Gewerbegebiet unweit des Haltepunkts Dresden-Reick hat sich seit Frühjahr 2019 der „Ein Prozent e.V.“ niedergelassen. Aus den Räumen auf der Kurt-Beyer-Straße organisiert der faschistische Verein seine Propaganda- und Netzwerkarbeit. Die Immobilie selbst gehört dem AfD-Stadtbezirksbeirat und Dresdner Kieferchirurgen Hans-Joachim Klaudius. Er hat das Objekt 2018 gekauft, saniert und anschließend dem „Ein Prozent e.V.“ vermietet. Er nutzt es auch für private Zwecke.

Der „Ein Prozent e.V.“ wurde im Februar 2016 gegründet und ist zentraler Teil der seit 2014 intensivierten Organisationsbemühungen der sogenannten „Neuen Rechten“ in Deutschland. Ziel des Vereins ist es eine völkisch-autoritäre, im Wortsinn faschistische Ideologie zu modernisieren und gesellschaftlich zu verankern. Gegründet wurden der Verein u.a. von Götz Kubitschek und Jürgen Elsässer. Mittlerweile verantwortlich ist ein überschaubarer Kreis um die Neonazis Philip Stein (Burschenschaft „Germania zu Marburg“), Michael Schäfer (ehemals Bundesvorsitzender der JN – Jugendorganisation der NPD), Julian Monaco (JN), Volker Zierke und Alexander Kleine (beide: „Identitäre Bewegung“).

Philip Stein (Bildmitte). Quelle: Tim Mönch

Das Konzept des „Ein Prozent e.V.“ orientiert sich an den Ideen der „Identitären“ aus Frankreich, der italienischen Faschistinnen der „Casa Pound“ und des US-amerikanischen faschistischen Netzwerks um Steve Bannon und „Breitbart News“. Bei den Aktivitäten steht der Kampf um die Köpfe im Mittelpunkt, man arbeitet mit dem Konzept der „Metapolitik“ und bemüht sich die eigene völkisch-autoritäre politische Ideologie in kulturell anschlussfähige Formate zu kleiden. Im Gegensatz zu klassischen neonazistischen Strukturen gibt sich der „Ein Prozent e.V.“ betont harmlos. Das Image vom „Bürgerinnen-Netzwerk“ soll Anschlussfähigkeit herstellen und den Verein auch vor staatlichen Zugriffen absichern. Denn der Kampf um die Straße und gegen demokratisch-egalitäre Strukturen wird zwar publizistisch nach Kräften befeuert, selbst führen will man ihn aber lieber nicht. Hier setzt man auf die eigenen Konsument:innen, die zugleich mit ihren Spenden den Lebensunterhalt der nationalistischen „Avantgarde“ finanzieren sollen.

Ohne das Objekt auf der Kurt-Beyer-Straße 2 wäre diese Arbeit um einiges komplizierter: Die Räume bilden das organisatorische Rückgrat und den Knotenpunkt für das Netzwerk des Vereins. Hier werden Medienformate produziert und Kampagnen geplant. Der „Oikos Verlag“, Herausgeber der Zeitschrift „Die Kehre“, und das neonazistische Comic-Projekt „HydraComics“ haben dort ihren Sitz. Ursprünglich gab es Pläne das Haus auszubauen in eine zentrale Anlaufstelle ähnlich der „Casa Pound“ in Rom. Aufgrund interner Streitigkeiten wird dieses Projekt jedoch vorerst nicht weiterverfolgt.

Zentrale Stütze für die Propagandaarbeit waren lange Zeit die undurchsichtigen Angebotsalgorithmen großer Plattformen wie Facebook und Youtube. Nach zivilgesellschaftlichen Interventionen folgte im Frühjahr 2021 die Sperrung der zentralen Youtube-Kanäle. Gegen die Löschung des Facebook-Accounts klagte der „Ein Prozent e.V.“ vor dem Oberlandesgericht Dresden – und verlor. Die Reichweite der Produktionen hat seitdem stark abgenommen. Die Medienproduktion ist jedoch nicht eingestellt. Stattdessen wird versucht auf szenezugehörige Plattformen auszuweichen.